Schweden. Noch nie so wunderschöne Landschaft gesehen.
Aprilwetter und n kaputter IronVan...
- IronVan
Kleine rote Holzhäuschen, viele Seen, Elche, Bären, schöne Natur und natürlich Ikea. Und irgendwie war ich der Meinung, Schweden ist, was Nachhaltigkeit betrifft, sehr weit vorne mit dabei.
Soweit zu meinem Vorwissen/ meinen Erwartungen. Ah und teure Lebensmittel.
Die Facts:
Durchschnittliche Lebenserwartung der Schweden ist 83 Jahre (Vergleich Deutschland 81, Schweiz 84). Also die goldene Mitte.
221 800 Inseln umfasst Schweden insgesamt- und ich dachte schon, Kroatien hätte viele.
Ca. 100.000 Seen und gut die Hälfte des Landes ist von Wäldern bedeckt, was wirklich wunderschön anzusehen war.
Kohle verdient man mit Landwirtschaft (Kartoffeln, Getreide) und Tierhaltung (hauptsächlich Milchproduktion). Außerdem werden Eisenerz, Zink und Blei exportiert.
Bis 2040 will Schweden die gesamte eigene Energieversorgung durch Wind- und Wasserkraftwerke abdecken (bis jetzt gelingt ihnen das zu 57%).
In Schweden duzt man sich. Egal ob Chef, Polizist, oder wer auch immer. „Sie“ gibt’s nicht.
Bis 2030 will das Land Bargeld komplett abschaffen. Das spürt man auch jetzt schon. Als wir irgendwo im Nirgendwo am Straßenrand bei einer Erdbeerfrau anhalten, hat selbst sie ein Kartenlesegerät. Auf der Fähre konnten wir uns mit Bargeld nicht mal einen Kaffee holen.
Corona technisch war Schweden ja viel in den Medien. Wahrhaftig haben wir nirgendwo einen Menschen mit Maske gesehen.
Haben uns richtig nackig gefühlt im Supermarkt, so ohne Gesichtsschlübber.
Die roten Schwedenhäuschen gibt es also wirklich. Und zwar in Massen. Eins schnuggeliger als das andere. Sie sind übrigens rot, weil in der Farbe ein Kupferzusatz ist, um es witterungsbeständiger zu machen.
Wir kommen am Morgen nach einer sechsstündigen, sehr entspannten Überfahrt (Rostock- Trelleborg) mit der Fähre an. Impfnachweis oder andere Papiere will niemand sehen. Schon auf den ersten Kilometern an der Küste entlang sind wir fasziniert. Wir sehen ganz viele Pferde, direkt an der Ostsee und die ersten süßen Schwedenhäuschen. Und Häschen. Meine Jüte, haben wir viele Häschen gesehen. Die flitzen da über die Felder in einem Affenzahn, so schnell konnten die Puppys gar nicht gucken.
Wir finden einen schönen Stellplatz direkt am Meer und kommen erstmal an. Wasser auffüllen können wir gratis im Nachbarhafen und während unserem restlichen Aufenthalt in Schweden an den Tankstellen.
Am nächsten Tag ziehen wir weiter, denn wir wollen an einen See. Da wir ausnahmsweise termintechnisch gebunden sind ist von Anfang an der Plan, uns hauptsächlich im Süden des Landes aufzuhalten und nicht zu weit reinzufahren.
Unterwegs beginnt der IronVan zu mucken. Der Motor stellt während der Fahrt einfach ab. Wir hatten das Problem seit Beginn unserer Reise 2x. Aber an diesem Tag passiert es 5x hintereinander. Also suchen wir uns ein Fleckchen an einem Quinoa Feld (um dem IronVan eine Pause zu gönnen). Am Morgen kommt der Besitzer. Wir fürchten schon, weggeschickt zu werden (das Jedermanns Recht in Schweden gilt fürs Zelten, aber nicht fürs campen). Nein, es ist nicht an dem. Der Bauer wollte uns nur informieren, dass das Nachbarfeld nun gleich bewässert wird. Nicht, dass wir nass werden. Wir können auch gerne auf sein anderes Feld, nur wenige hundert Meter entfernt und uns dort bedienen. Dort wächst rote Bete, Zwiebeln und Kartoffeln (Und Marihuana, soweit das Auge reicht- das hat er uns allerdings vorher nicht erzählt).
Kurz darauf finden wir einen Platz an einem See.
Wir lernen ein schwedisches Pärchen aus dem Nachbardorf kennen und verquatschen den ganzen Tag. Der See ist wunderschön. Dunkel. Der war wirklich dunkel. Der Zürisee ist ja sehr klar, aber die Gewässer in Schweden sind einfach mal schwarz. Mystisch, aber beeindruckend. Perfekte Bedingungen für SUP. Wir nehmen sogar unsere Puppys mit aufs Brett, die das völlig relaxt mitmachen und die Ausfahrt in der Sonne genießen. Aber wir haben den Platz nicht lange für uns. Es ist Hochsaison in Schweden. Die Einheimischen haben Ferien und kommen aus dem Norden hier runter. Die Deutschen haben Urlaub und Corona lässt es wieder zu, dass man reist. Unser idyllischer Spot ähnelt nach 24h einem Campingplatz (mit acht anderen Vans). Vorbei die Ruhe. Nix mehr mit nackig in den See hüpfen. Als ich am Morgen um kurz nach vier über den Platz laufe um den Sonnenaufgang zu fotografieren, verfluchen mich wahrscheinlich alle, denn aus jedem Auto bellt ein Hund. Sorry dafür.
Es ist super, dass man beim Reisen so viele cooler Leute kennenlernt. Aber es gibt eben auch uncoole Leute. Die Mutter, die zu unserem Nachbarn rennt wie eine Furie und ihn anpflaumt, er solle gefälligst dafür sorgen, dass seine (Zitat) Köter nicht ständig kläffen. Mir ist fast der Arsch geplatzt, weil es ihre Rotzblage war, die am Morgen um halb sechs den ganzen Platz zusammengequakt hat. Ich hab mir am Hintern gekratzt, mich im Bett umgedreht und gedacht, so what, ist halt n Kind- schreit mal. So what, ist halt n Hund, bellt mal. Also halt doch die Fresse oder geh mit deinem gemieteten Wohnmobil zurück in deine Vorstadt.
Wir suchen wieder die Einsamkeit.
Auf der Suche spinnt der IronVan immer wieder. Es stresst mich. Wenn du irgendwo kilometerweit kein Haus siehst und nach einem Stellplatz Ausschau hälst und plötzlich die Karre verreckt- kein gutes Gefühl. Die „einfachen Spots“ sind alle voll- und ich meine wirklich voll.
Wir fahren mit einem Fragezeichen über dem Kopf durch irgendeinen Wald. Ein Mann geht mit seinem Hund spazieren und fragt uns, ob wir „lost“ wären. Nein, wir suchen nur ein schönes Fleckchen, aber es ist wirklich schwierig, irgendwo bis direkt an den See zu kommen. Entweder es hat eine Schranke, oder gar keinen Weg, oder ein Camping Verboten Schild. Der Mann zeigt uns den Weg zu seinem Steg. Erlaubt uns, seine Barriere aufzumachen und dort 24h zu stehen. Der schönste Platz, den wir in Schweden hatten- ein absoluter Traum.
Dieses Land strahlt eine unglaubliche Ruhe aus, das ist wirklich beeindruckend.
Die Supermärkte sind wie erwartet preistechnisch Schweizer Niveau. Aber sie sind riesig. Und man merkt, dass in Schweden Milchproduktion eine große Rolle spielt. Ein riesen Gang in der Kühlabteilung mit unzähligen Sorten an Milch, Joghurt, Käse und Co. Und natürlich Fisch. Den fangen sie ja auch als Feierabendbeschäftigung.
Was Nachhaltigkeit beim Einkaufen betrifft sind die Schweden etwas weiter als wir. Die Auswahl an Hafermilch und veganen Joghurt und anderen Alternativprodukten hat mich fast umgehauen. Es gibt für Obst- und Gemüse ausschließlich Papiertüten.
Das Wetter war durchgehend wie im April.
Es gab keinen Tag, an dem es nicht mal wenigstens für eine Stunde geregnet hat. Fünf Minuten später war aber auch wieder Sonne und 23 Grad.
Elche und Bären haben wir (zum Glück) nicht zu Gesicht bekommen, ich hätte mir auch in die Hosen gemacht.
Es verging kein Tag, an dem der IronVan uns nicht Bauchschmerzen bereitet hat. Von daher haben wir etwas früher als ursprünglich geplant den Norden wieder verlassen und sind mit der Fähre zurück nach Stralsund, um ihn in die Werkstatt zu bringen.
Schweden ist landschaftlich definitiv das schönste Land, dass ich bis jetzt gesehen habe. Fürs Vanlife in der Hauptsaison war es nicht optimal und das Wetter ist dort oben eben auch, wie es ist. Wenn man mit dem Rucksack und dem Zelt reist, dann gibt es für dieses Land sicherlich 100 Punkte. Zu Fuß findet man bestimmt mehr Möglichkeiten an die Seen zu kommen und es ist offiziell ja auch gestattet überall zu zelten.
Mich reizt es jetzt natürlich sehr, den Norden des Landes auch kennenzulernen und deswegen steht fest, wir kommen 2022 wieder, einfach vor allen anderen 😉. Und vielleicht mieten wir uns dann einfach für ein paar Tage mal ein süsses Schwedenhaus am See, mit eigenem Steg und ganz vielen Blaubeersträuchen.