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Roadtrip, Baby

Just me, myself and I (und der Benz, das Bike, die Laufschuhe, die Schwimmbrille und die Berge).

  • Geschichten aus dem Leben

Seit ich in der Schweiz bin, habe ich nie woanders Ferien gemacht. Und trotzdem habe ich noch längst nicht alles von diesem wunderschönen Land gesehen.
Zeit, das zu ändern.

Ich habe meine Karre beladen, mir ne grobe Route rausgesucht und bin bei herrlichstem Sonnenschein einfach losgefahren.

Der erste Stopp war für mich in Bad Ragaz, wo ich mit der Gondel auf den Pizol hochfuhr. Und schon hatte ich genau das, was ich mir vorgestellt hatte für diesen Trip. Mutterseelenallein auf einem Berg, mit herrlichstem Panorama im Schnee stehen. Breathtaking ist das Wort, was es perfekt beschreibt. Auf dem "Heidipfad" ging es dann wandernderweise wieder nach unten. Zwischendurch einfach ne halbe Stunde am Bergsee sitzen und relaxen. Fantastisch. Auf halber Höhe gab's n Boxenstopp in der Berghütte mit frischem Apfelkuchen und heisser Schoggi. Es sind die kleinen Dinge im Leben. Im Anschluss fuhr ich weiter nach Davos, wo ich spontan im Sonnenuntergang um den See gerannt bin. Und zack war der erste Tag auch schon fast rum und es wurde Zeit, sich ein Plätzchen für die Nacht zu suchen. In Filisur fand ich einen perfekten Parkplatz mit Blick auf die Mountains. Zum Glück hatte ich mir einen Schlafsack für bis zu -15 Grad organisiert (Danke Bipa). Zusammengekuschelt verbrachte ich also meine erste Nacht im Kofferraum neben meinem Bike, während es draussen auf 0 Grad abkühlte.
Am nächsten Morgen kam ich aus dem Grinsen schon kaum noch raus, als ich mit Blick auf die aufgehende Sonne hinter den Bergen meine Ökoholzzahnbürste geschwungen habe.

Jetzt aber erstmal Kaffee und was futtern. 40 min fuhr ich durch die Dörfchen bis ich einen Bäcker fand. Und auch da... so ein Moment der Ruhe. Normalerweise ist ein Bäckerbesuch (was ich nicht wirklich oft tue, aber wenn..) reingehen, bestellen, beim raus gehen verdrücken, weitermachen. In dem Fall sass ich einfach eine Stunde ganz entspannt bei Kaffee und Gipfeli da und habe den Moment genossen. Im Anschluss sollte es mit dem Rad auf den Albulapass gehen. Puh... meine Erfahrung im Pässe fahren ist ja doch noch recht gering und ich kann euch sagen, da ging's doch überraschenderweise n bissl bergauf... und bergauf... und bergauf. Was war ich froh, als es endlich keine Bäume mehr hatte, denn nun wusste ich, das Ziel, dieses verdammte blaue Schild kann nicht mehr weit sein. Ich überholte einen anderen Radfahrer und fragte ihn keuchend, wie weit es noch wäre. 20min sagte er. 21 Minuten später kam ich dann auch endlich oben an. 1564 Höhenmeter in den Beinchen. Wie gut die Cola dann geschmeckt hat brauch ich euch ja nicht sagen. Der nette ältere Herr war übrigens ein Ultratrailrunner und hat mir dann eine Stunde diesen verlockenden Sport schmackhaft geredet. Beim runterfahren hab ich mir doch minim das Ärschchen abgefroren. Ich hatte schon trockene Wechselsachen dabei und war (dachte ich) auch warm genug angezogen, aber Pustekuchen. Ich hab so gezittert, ich dachte es haut mir dann gleich den Drahtesel unterm Gesäss weg. Zurück beim Auto gab es dann frisches Brot und Käse (abends vorher im Tante Emma Laden gekauft).

Weiter ging es nach St. Moritz. Über den traumhaften Julierpass, wo ich auch einfach 45min sass und ein Loch in die Berge starrte, weil ich einfach nicht genug davon bekommen kann. In St. Moritz angekommen hab ich in das Hallenbad eingecheckt, in dem Daniela Ryf, Nicola Spirig und Co im Winter immer ihr Trainingslager verbringen. Das ganze Becken für mich konnte ich mit Blick auf die wunderschöne Landschaft in Ruhe meine Bahnen ziehen. Abschliessend wurde im Aussenblubberbad dann das letzte bissl Stress aus dem Köpfchen gespült.
Weiter gings nach Bellinzona als nächstes Nachtquatier. Geistige Notiz an mich selber: Parke nicht unter einem Baum, wenn du nicht vor hast um 05:00Uhr aufzustehen. Die Piepmätzchen haben n riesen Spektakel veranstaltet - Natur pur.

Das Wetter war mittlerweile leider nicht mehr so schön. Zwar waren es angenehme 14 Grad, aber grau in grau. Ich fuhr ins Valle Verzasca auf die berühmte James Bond Staumauer. Was für ein imposantes Bauwerk. Danach verbrachte ich einige Zeit am Fluss. Füsse baden, Steintürmchen bauen, Rauschen horchen, geniessen, geniessen, geniessen.
Als nächstes wollte ich mit dem Rad den Gotthardpass bezwingen. Aber das Wetter wurde leider immer schlechter, so dass ich mich aus Sicherheitsgründen dagegen entschied. Ich fuhr dann mit dem Auto hoch und war froh, im Trockenen zu sitzen. Steife Brise da oben, Regen, kalt.
Ok, anderer Pass- mehr Glück? Ich muss dazu sagen, ich fahr auch furchtbar gern Auto (schnell). Und so Passstrassen zu heizen ist etwas, was mir auch megaaa Freude bereitet. Vor allem bei leeren Strassen natürlich. Auf dem Obernalppass sah es leider auch nicht besser aus. Und da hatte es sogar noch etwas Schnee. Als nix Fahrrad heute. Die Wetterapp sagte mir, dass alles, was als nächstes auf meiner Route liegen würde unter der gleichen Regenwolke hängen würde.

Ok, Pläne sind dazu da, geändert zu werden. Also ab nach Bern. Da war ich noch nie. Und siehe da, der Wettergott fand meine Idee gut.
Am nächsten Tag fand da zufällig auch noch n Gravel Race /Cyclecross Rennen statt. Ein Sport, den ich ja auch besonders beeindruckend finde, bei dem ich also begeistert einige Zeit zuschaute.
Der Himmel wurde doch noch freundlich und so fuhr ich irgendwo auf den Dörfern von Bern hinauf in die Berge. Belohnt wurde ich mit einer grossartigen Aussicht und einem köstlichen Wurst/Käseplättli und lecker heisser Schoggi.

1000km später war ich wieder zu Hause in Zürich.
Was habe ich gelernt in meinen Tagen, in denen ich unterwegs war? Ich habe gelernt, dass ich ziemlich gut alleine sein kann und auch mal n paar Tage die Klappe halten kann, ohne dabei zu Grunde zu gehen. Ich habe gelernt, dass Glück für mich eben nicht mit Geld zu bezahlen ist, sondern mich Zähne putzen bei Sonnenaufgang mit Mütze mehr glücklich macht, als n Nachmittag im Whirlpool auf der Dachterrasse.
Ich habe gelernt, dass ich viel öfter machen, statt quatschen und träumen sollte. Ich habe wiedermal gelernt, wie unglaublich verliebt ich in dieses Land bin.
Ich habe wieder einmal gelernt, dass das Leben ist, was du draus machst... und es ist und bleibt wunderschön!