Raceplanung
Welches wird mein nächstes Rennen?
Ich werde immer wieder gefragt, was denn mein nächstes Race ist.
An welcher Startlinie ich stehen werde.
Bekanntlich habe ich meine Rennpläne nie im Vorfeld an die große Glocke gehängt, aber aktuell ist die Antwort auf die Frage auch eigentlich ganz einfach:
An keiner.
Als ich damals meinen ersten 70.3 auf Rügen gefinisht hab, war ich stolz- natürlich. Aber ich erinnere mich sehr gut daran, dass ich im Ziel saß und auf dieses Gefühl gewartet habe. Ihr wisst schon, dieses Gefühl, von dem alle sprechen.
Es kam nicht.
Also bin ich zwei Wochen später 67km um den Zürisee gerannt- danach hatte ich genau dieses Gefühl. Obwohl mich niemand angefeuert hat. Es gab auch keine Medaille am Ende und auch keine Startnummer, die ich mir hätte einrahmen können. Aber es hat mich glücklich gemacht, da rum zu rennen.
Trotzdem habe ich viele, viele Rennen mitgemacht. Stand an einigen Startlinien, von Ironman, Challenge Family, no name Events und habe mehrere eigene Triathlons nur für mich irgendwo in meiner Umgebung gemacht. Und ich hatte auch immer Freude daran. Ich war gut genug, um mich für die Weltmeisterschaft 70.3. in Utah, USA zu qualifizieren. Stand bei einigen Veranstaltungen auf dem Treppchen.
Kurz davor habe ich in Italien meine persönliche Bestzeit aufgestellt und hatte mein erstes Rennen, wo mich Andy supported hat. Das war etwas, was mir all die Jahre gefehlt hat. Durchs Ziel zu rennen und dem Menschen in die Arme, den man liebt. Das hatte ich nie. Ich stand einfach alleine da- jetzt hatte ich aber auch das von meiner Lebensliste abgehakt.
Und vielleicht war eben auch genau das der letzte Punkt, der mir auf meinem Zettel gefehlt hat,um damit abzuschließen.
Danach war die Luft raus. Es hat mich nicht mehr in den Fingern gekribbelt, hunderte von Franken auf den Tisch zu legen, um mich mit anderen zu messen. Mein größter Gegner bin schließlich immer ich selbst.
Ich habe meine eigenen Challenges gestartet. Bikepacking, 54km wandern, all so n Kram halt. Dinge, die mir Freude machen, ich allein oder mit ausgewählten Menschen machen kann und die mich auf eine völlig andere Art an meine Grenzen bringen.
Es ist nicht so, dass ich Triathlon jetzt doof finde. Ganz im Gegenteil. Ich trainiere weiterhin alle drei Disziplinen nach Trainingsplan und mache Fortschritte. Aber ich habe die Freiheit, auch einfach mal n paar Tage was komplett anderes zu machen- weil die Leistung nicht an erster Stelle steht, weil ich nicht auf Tag X hinarbeite.
Ich schließe nicht aus, irgendwann wieder irgendwo zu starten. Meinungen können sich ändern. Vielleicht hab ich morgen wieder Böcke drauf, vielleicht auch erst in drei Jahren, wer weiss das schon- und wen interessiert das schon?
Es gibt Menschen, die finden es sinnlos zu trainieren, ohne ein Ziel vor Augen zu haben.
Ich finde es sinnlos, wenn das Ziel EIN TAG, ein EVENT ist.
Denn das Ziel für mich ist einfach Spaß zu haben, fit zu sein, draußen Zeit zu verbringen und mich selbst immer wieder herausfordern.
Ich bewege mich seit fast 10 Jahren in der Triathlonszene und es ist einiges passiert. Und es gibt einige Dinge, die mir daran auch einfach nicht gefallen. Ich könnte jetzt nörgeln und sagen “früher war alles besser” und ja, ich würde es auch so meinen.
Wir haben noch mit nem Rennrad mit Aeroaufsätzen und ohne Wattpedale geraced. Wir hatten nicht alle das neuste Canyon im Stall. Wir haben erstmal geschaut, ob der Sport was für uns ist, erstmal n paar Dinger eingetütet, bevor wir in ein Triathlonrad und n anständigen Neo investiert haben.
Nicht falsch verstehen, ich hab auch Unmengen an Kram mittlerweile- aber ich mach den Spass auch schon n paar Tage. Und ich finde, man kann klein anfangen. Aber das ist meine persönliche Meinung. Vielleicht hat es auch etwas mit der Einstellung zu Geld zu tun.
Wie vielen Typen sind die Eier abgefallen beim Rennen, wenn ich sie überholt habe auf dem Rad. Ganz ohne Aerohelm, ohne Calvesleeves und ohne AWA Aufkleber an der Sattelstütze.
Durch den Wandel ist diese “kleine Community” in meinen Augen irgendwie gebröckelt. Es ist kein gemeinschaftliches “Guten Morgen” mehr in der Wechselzone, sondern n fucking Säbelrasseln. Und jeder Horst denkt, er könne mal eben auf n Sonntach n Ironman finishen (und direkt nach seinem Finish n Coachingunternehmen gründen).
Da drehen sie sich gegenseitig die Luft raus und schrauben sich an den Rädern rum.
Ich kann sowas gar nicht fassen. Wie krank ist das bitte? Auf der einen Seite, solche Methoden zu wählen, um einen Konkurrenten auszuschalten hat jawohl absolut nichts mit sportlichem Verhalten zu tun und zweitens- Alter, wie gefährlich ist das bitte? Hat die Person mal daran gedacht, dass der betroffene Athlet sich auch ganz böse auf die Schnauze packen könnte und dann den Rest seines Lebens sabbernd ne Decke anstarrt? Und das Risiko ist ein Triathlet bereit einzugehen, um auf Hawaii einen Platz weiter vorzukommen? Was ist nur los mit den Menschen, ich weiss gar nicht ob mich das mehr wütend oder mehr traurig macht.
Der andere Heini erzählt beim letzten Rennen noch ganz stolz, dass er auf der Laufstrecke erstmal n paar Ibuprofen geschmissen hat, zeigt irgendwelchen Zuschauern den Mittelfinger und sieht jetzt seine tote Mutter am Streckenrand- na vielleicht solltest du mal mit deinem Apotheker reden, was er dir da als Ibu verkauft hat, Alter.
Klar kann man die sportliche Leistung nicht kleinreden. Das was der Mensch auf 42km für ne Pace hinlegt, halte ich keine 5km durch. Und davor hab ich absoluten Respekt. Das hat er sicher nicht durch Pillchen geschafft, sondern durch harte Arbeit- trotzdem bin ich jetzt mal so, wie meine lieben Hater und nutze die Meinungsfreiheit des Internets um hier auf meiner Website zu verkünden- Ik find dich doof- das war nicht immer so- aber aktuell brennt dir jawohl echt der Helm.
Der Zauber um eine Weltmeisterschaft wird mittlerweile richtig lächerlich in den Dreck gezogen- zumindest bei den Weibern. Da wird auf den Slotvergaben einfach nur noch gefragt, wer hier gefinisht hat und gern n Ticket nach Hawaii für 1200 Dollar kaufen will. Deine Leistung oder deine Platzierung ist doch latz. Also warum trainiert ihr euch denn alle so den Arsch ab, wenn ihr nur nach Hawaii wollt? Startet doch einfach und am besten werdet ihr Bummelletzter, dann werdet ihr im Ziel anständig gefeiert und den Slot wirft man euch beim Zieleinlauf ey gleich noch von hinten an die Rübe.
Und dann könnt ihr auf Hawaii gegen die BESTEN racen- oder gegen die reichsten ;).
Bei den Männern sieht das da zum Glück ja noch ganz anders aus. Da musst schon hart kämpfen um gegen die gedopten Typen da ne Chance zu haben- sorry bissl böse, aber auch das hat sich ja sowohl in Roth, als auch auf Hawaii wieder gezeigt, dass das Thema in unserem Sport grösser ist, als wir Unschuldslämmer das wahrhaben wollen.
Dieser Sport war schon immer mehr als nur Sport für mich.
Es ist ein Lifestyle und den liebe ich weiterhin.
Ich verfolge die Rennen, höre die Podcasts, lese die Berichte. Fiebere mit meinen Superhelden mit- klebe sabbernd vorm Bildschirm, wenn Sam Laidlow oder Lionel Sanders über die Flimmerkiste huschen.
Aber auch viele große Namen, die ich damals noch angehimmelt habe, verschwinden nach und nach von der Bildfläche. Daniela Ryf, Jan Frodeno. Ihr fehlt.
Dafür kommt jetzt n Blumi, der uns vorlebt, dass es völlig normal ist, bei zwei von drei Disziplinen im Strahl zu kotzen und man trotzdem finishen kann.
Zeiten ändern sich. Und Zeiten ändern mich. Mit jeder Faser meines Körpers liebe ich den Sport und werde ihn so lange betreiben, wie ich das körperlich kann und mich mental dazu in der Lage fühle.
Man sagt, man ist nur Triathlet, wenn man raced. Dann bin ich vielleicht keiner mehr.
Aber ein ATHLET bleibe ich.
In diesem Sinne…lass mal dankbar sein ;)