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Kein anderes Land der Welt hat das in seiner Verfassung stehen...

Montenegro- der ökologische Staat

  • IronVan

"Als unser Planet entstand, muss sich die schönste Begegnung zwischen Meer und Land an der montegrinischen Küste zugetragen haben",

schrieb schon der englische Dichter Lord Byron zu Beginn des 19. Jahrhunderts.

Die Facts:
Montenegro hat ca. 625 000 Einwohner und ist ungefähr so klein wie Hessen. Ein Pups auf der Landkarte, den man gerne übersieht und von dem man nicht viel weiss. Seit 2012 Beitrittskandidat für die EU, aber da haperts wohl noch n bissl.
Die Lebenserwartung der Menschen beträgt 76.7 Jahre.
Angebaut werden in diesem kleinen Balkanstaat Getreide, Tüffeln, Wein, Tabak, Zitrusfrüchte, Gemüse, Oliven und Feigen.

Touristentechnisch ist Montenegro gross im Kommen (21% des Bruttoinlandprodukts werden aktuell durch den Tourismus erwirtschaftet, laut World Travel & Tourism Council ist Montenegro weltweit seit Jahren unter den drei wachstumsstärksten Reiseländern).

Für uns hat es n bissl den Eindruck erweckt, die kleine (hübschere) Schwester von Kroatien zu sein.

Im Vorfeld hab ich mich natürlich im Web wieder n bissl schlau gemacht, was uns so erwartet:
Organisierte Kriminalität sei das grösste Menschenrechtsproblem. Die schreiben was von Mafia, Korruption und all so gefährlich klingenden Dingen, von denen ich persönlich absolut keine Ahnung habe.
Đukanović, So heisst der werte Herr, 57 Jahre alt und führt den Staat hier seit 1989 im Alleingang. Also eigentlich nicht direkt, eigentlich sagt man, das ganze Land ist ein grosses, privates Familienunternehmen.
In ihrer Verfassung bezeichnet sich Montenegro als „ökologischen Staat“. Kein Land der Welt hat das in seiner Verfassung stehen. Olle Ratten, na da bin ich ja mal gespannt, ob wir davon was merken. Wie definiert sich denn überhaupt ein ökologischer Staat? Was stellt man sich darunter vor und was denkt man, was denn jetzt hinter der Grenze kommt? Kein Müll auf jeden Fall- so meine persönliche Erwartung- die enttäuscht werden sollte.
Es bietet sich uns auch hier wieder der Anblick von viel zu viel Müll. Unnötig entsorgt irgendwo in der Pampa. Zum Teil bergeweise achtlos abgekippt. Ja nun, wir scheinen sehr verwöhnt zu sein, denn das ist offenbar in vielen Ländern ausserhalb der Schweiz und Germany Gang und Gebe. Wir haben uns eben einfach noch nicht daran gewöhnt, möchten es auch nicht.
Was auch nicht gerade für n Ökostaat spricht ist die Meerwassersaline (Anlage zur Gewinnung von Speisesalz) von Ulcinj (auf 15 Quadratkilometern wurden hier einst 30.000 Tonnen Salz jährlich gewonnen). Kurzfassung: Das war alles Naturschutzgebiet, wurde dann einfach aufgekauft und zu Bauland für den lieben Mensch erklärt. N Yachthafen und n schnieker Golfplatz sollten da hin gezimmert werden, damit anständig Zaster ins Land kommt. Da haben sich n paar schlaue Köpfchen dann aber anständig auf die Hinterbeinchen gestellt und das ganze Projekt verhindert. Nun ist es wieder Naturschutzgebiet. 250 Vogelarten (u.a. Flamingos und seltene Pelikane) haben da n riesen Gaudi, im Gegensatz zu besagtem Politiker, dem man mit der Aktion gehörig auf den Schlips getreten hat.

Das Thema Naturschutzgebiet wird im Ökostaat einfach nicht so eng gesehen.

Da baut man auch n paar Wasserkraftwerke (57 in Planung aktuell) in Flüsse. Vernichtet damit einfach die Landschaft. Ja nun, wer das eine will, muss das andere mögen.

Für uns war es trotzdem wunderschön anzusehen, was die Natur hier erschaffen hat. Mein persönliches Highlight war unsere Zeit über der Bucht von Kotor. Wunderschöne Aussicht auf das Meer und auf eben besagte Bucht. Traumhafte Sonnenuntergänge, Stille und einfach die absolute Einsamkeit.
Am Morgen hab ich nur drauf gewartet, dass die Sonne endlich rauslupst, um die Strasse mit der Greta runter und dann die Serpentinen wieder hoch zu fahren. Ich bin wirklich aus dem Staunen gar nicht mehr raus gekommen. Für in der Schweiz trainierte Beinchen waren die 16 Serpentinen mit den paar Höhenmetern kaum der Rede wert, aber die Aussicht in jeder Kurve hat mich wirklich sprachlos gemacht.
Später bin ich dann den Berg vom Ironvan aus noch weiter hoch gerannt. Lost Places haben wir ja nun auf unserem Trip schon einige kennengelernt- so war es da oben auch. Keine Menschenseele, gefühlt verlassene Dörfer. Irgendwie n bissl unheimlich.

Perast- ein kleines Dörfchen in der Bucht hat uns dagegen fast umgehauen. Ich weiss nicht, wie viele Fotos wir dort gemacht haben, aber es waren viele. Die Menschen haben eine ganz tolle Bauweise, mit Steinen und unglaublich viel Liebe zum Detail. Da konnte auch der Regen die Stimmung nicht trüben.

Unseren Lieblinsgstellplatz hatten wir in einer kleinen verlassenen Bucht. Wie von Kroatien gewohnt mit türkisem Wasser und wunderschönen Klippen. Die erste Schwimmeinheit mit Andreas als Begleitung auf dem SUP wurde abgeliefert. Schon komisch, wenn man unter Wasser so grosse Steine und Pflanzen sieht und n bissl Respekt davor hat, was wohl gleich hinter einem Stein mit zwei Augen und n paar Flossen rauskommt. Es kam nichts. Aber der Wellengang hatte es in sich.
Wir waren insgesamt nur fünf Tage in diesem Land. Gerne wären wir länger geblieben, aber das Wetter hat uns weitergetrieben.

Egal, was im Internet steht über Mafia, Korruption oder Öko. Das Land ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Die Menschen, denen wir begegnet sind waren freundlich und der Service überall sehr zuvorkommend.

Die Müllproblematik ist weltweit ein Thema, das ist uns natürlich auch bekannt. Schade ist es, aber wir können alle n kleinen Teil dazu beitragen, dass es weniger Plastik auf diesem Planeten gibt und den Scheiss einfach nur kaufen, wenn es wirklich nicht anders geht. Und dann landet auch nicht so viel im Wasser und nicht so viel an Montenegros schönen Stränden.
Stellplatzsuche war auch in Montenegro wieder kein Problem. Wurden einmal drauf angesprochen, dass Camping hier verboten sei, der Typ hat dann jedoch gezwinkert und uns zu verstehen gegeben, dass er es nicht so eng sieht.
Haben uns diesmal einen Restaurant Besuch mit landestypischem Essen gegönnt. Sind extrem freundlich bedient worden und es war köstlich. Hatten drei verschiedene Fischsorten, gegrilltes Gemüse und zum Nachtisch meine heissbegehrten Palatschinken, die ich schon von meiner Kindheit in Ungarn kenne und liebe.

Montenegro bekommt von mir 78 von 112 möglichen Serpentinen.

Achja, Corona...Andreas musste n Test machen, ich kam mit Impfung so rein. Restaurants geöffnet, Bedienung ohne Mundschutz.

Ich schliesse definitiv nicht aus, dass unsere Reise uns erneut in dieses Land treibt.