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Ja, ich weiss, du musst den Kuchen nur ansehen und hast n Kilogramm mehr auf den Hüften- es zerreisst mir das Herz

  • Innere Mitte und so

Hände hoch, wer vorm Spiegel steht und nix an sich zu meckern hat.

Ich wette du lügst, wenn du jetzt die Flosse oben hast.

Wer ist schon mit sich völlig zufrieden? Die einen finden sich zu dick, die anderen sich zu dünn. Wir definieren uns nun mal ein Stück weit über unser Äusseres. Traurig, aber wahr. Und abstreiten ist zwecklos. 
Zum Glück sind Geschmäcker verschieden und wir finden nicht alle das Gleiche attraktiv oder perfekt. Aber es gibt genug Schönheitsideale, die uns vorgaukeln, was richtig und hübsch sein sollte. 
Und diese Ideale haben einen Einfluss, auf jeden einzelnen von uns. 
Ich denke über übergewichtige Menschen oft: "Wenn sie wollte, dann könnte sie einfach abnehmen.". Dass das Übergewicht aber auch eine Ursache hat, die mit grosser Wahrscheinlichkeit weit über Hunger hinaus geht, das muss man auch berücksichtigen. Und dann eben nicht über die Menschen urteilen. 

"Die ist so dürre, die hat sicher ne Essstörung."

Wie oft wird das über mich gesagt.
Ich werde beobachtet, was ich esse, wie viel und wie oft. 
Dass ich meinen Sport aus blanker Leidenschaft zur Bewegung mache und nicht, weil ich dem perfekten Körperbild nacheifere, wollen auch nicht alle sehen. 
Ich war im Fall schon immer n Gretchen- hab durch den Sport eher zugelegt. Sowohl optisch, als auch auf der Waage hab ich gut und gern 5 kg mehr auf den Rippen, seit ich Triathlon mache. Klar, es sind Muskeln, weiss ich denks schon. Ich sehe mittlerweile meiner Meinung nach, gesund aus und nicht dünn. Aber man sieht sich selbst sieht sich ja immer anders, als einen die Umwelt wahrnimmt. 
Und damit sind wir auch beim Thema: 
Wenn jemand, der offensichtlich BMI- technisch eher im oberen Bereich mitspielt, sagt, er möchte abnehmen (und es ist ja soooo schwer)-, ach, was haben wir Mitleid. Kalorien zählen muss ja so was Schreckliches sein. Und sich zu bewegen auch, so unglaublich mühsam. Du tust mir wirklich leid, dass du armes Huscheli jetzt diesen gemeinen Kampf gegen die Kilos kämpfen musst. Wie ungerecht ist doch die Welt. Ja, ich weiss, du musst den Kuchen nur ansehen und hast n Kilogramm mehr auf den Hüften- es zerreisst mir das Herz. Mann, dann guck den Kuchen doch nicht an, wenn es dir so wichtig ist, gertenschlanke Hüftchen zu haben. 
Oder hör gottverdammich auf zu jammern und fühl dich einfach wohl in deinem Körper. 
Möglichkeit eins:
Du findest dich zu fett - es stört dich, schränkt dich in deiner Lebensqualität ein und du leidest drunter. Dann wirst du den Arsch hochkriegen und das ändern müssen- es wird nicht leicht, das behauptet auch niemand, aber wo ein Wille und so. Kein Mensch verlangt, dass du morgen 20 kg weniger wiegst und ne Langdistanz aufs Parkett legst. 
Möglichkeit zwei:
Du akzeptierst dich einfach so wie du bist. Wer sagt uns denn, dass alle Kleidergrösse 36 haben müssen? Wer sagt uns denn, dass man ewig Single sein wird, nur weil man nicht n Bauch wie ne Flunder hat? Wie wenig Menschen entsprechen wirklich den "Idealmassen"? Und sind die deshalb alle hässlich oder einsam? (und wenn einsam, liegt es vielleicht oft auch einfach an ihrem Scheisscharakter und nicht an ihren 93 kg). Nein, denn die eine hat vielleicht den perfekten Arsch, dafür aber ne überdimensional grosse Nase. Ich wette, die würde lieber deinen Hintern haben. 

Eine Bioimpedanzanalyse hat ergeben, ich habe (unter Berücksichtigung von Geschlecht und Alter) verhältnismässig viel zu wenig Körperfett. Ich habe mehr Muskelmasse, als die Durchschnittsfrau mit 33. Wär ja auch traurig, wenn es anders wäre bei all dem Training.  (Nicht überraschend- : In meinen Pommesärmchen ist der Anteil an Muskeln wesentlich geringer als in den unteren Extremitäten. Und der Unterschied zwischen linkem und rechtem Bein ist auch nicht unwesentlich). Mein Wasseranteil im Körper ist trotz mindestens 8 l Trinkmenge täglich im Normbereich, jedoch an der unteren Kante zur Dehydrierung- was einige Fragezeichen in mir aufwirft. 

Und trotzdem hab auch ich sie.

Die Tage , an denen ich vorm Spiegel stehe und was zu nörgeln habe an meinem Körper (über die Zähne sprechen wir hier jetzt gar nicht erst).

Auch ich entspreche in meinen Augen nicht meinem persönlichen Idealbild. 
Und wehe dem, ich äussere mich öffentlich dazu. Gott, ein Wunder, bin ich noch nie gesteinigt worden. 
Ich finde meine Love Handles auch zum Kotzen. Und es regt mich auf, dass ich täglich meinen Bauch trainiere und beim Thema Sixpack bei 2/6 stehenbleibe und die restlichen Beulchen an meinem Ranzen einfach nicht sichtbar werden wollen. 
Auch ich habe Cellulite am Oberschenkel und seh aus, als wär ich im schlimmsten Hagel einfach mal drei Stunden nackig draussen eingeschlafen und das wären die Spuren davon. 
Auch ich habe Schwangerschaftsstreifen (ohne je schwanger gewesen zu sein) an den Innenseiten meiner Oberschenkel, die dunkelviolett leuchten, wenn mir kalt ist. Ich finde es fürchterlich. Mal mehr, mal weniger. 

Aber ich darf nicht an mir rumnörgeln. Weil ich einen BMI im Untergewichtsbereich habe? 

"Du kannst ja zufrieden sein, du bist ja schön schlank!". Wenn ich irgendwas Negatives über meinen Körper sage, dann wird interpretiert, ich mache "fishing for compliments" und will nur hören, wie toll ich aussehe. Unterstelle ich dir, du sagst nur, dass du zu fett bist, damit ich dir sage, so schlimm ist es doch gar nicht?

Wenn ich das perfekte Sixpack WIRKLICH haben wollen würde, dann würde ich den Triathlon aufgeben und wär so ne Fitnessmaus, die Broccoli und Reis futtert und auf Süsskram verzichtet. Und dann könnte ich das. Aber so wichtig ist es mir dann eben doch nicht, als dass ich bereit wäre, mein Leben so weit umzustellen und auf meinen Ausdauersport zu verzichten. 

Was wärst du bereit, für dein "Idealbild" aufzugeben oder anzupassen?

Und ist es wirklich dein Idealbild, oder ist es das Bild, dass uns präsentiert wird, wie wir aussehen sollten?

Die meisten Tage finden wir uns doch eigentlich alle ganz okay, oder? Wir interpretieren einfach in die Blicke der anderen viel zu viel hinein. 
Ich gehe nie im Schwimmbad ohne Handtuch am Rand entlang. Weil sie mich alle angucken. Schmeisse dann aber das Handtuch in die Ecke und mache n Foto für 24 000 Follower. Vielleicht gucken sie mich an, weil ich n schönen Bikini anhabe. Vielleicht auch, weil sie denken, die Olle war doch gestern erst hier und ist 2 h geschwommen. Vielleicht gucken sie mich an, weil sie mich zu dünn finden. Vielleicht gucken sie mich an, weil ich mit meinem Handtuch so krass arrogant laufen kann, als wäre ich die Queen of Berlin. 
Vielleicht gucken sie mich auch einfach an, weil ich ne verdammt geile Sau bin ? 

Take home message: 

Egal ob dick, oder dünn. Egal ob Stupsnäschen oder riesen Lötkolben, egal ob Stock oder gebärfreudiges Becken - wir haben alle unsere Makel. Viele davon finden wir selber so viel schlimmer als all die Menschen um uns herum. Genau diese Makel machen uns für andere eben perfekt, attraktiv und liebenswert. Uns selbst zu akzeptieren und zu lieben, klappt nicht jeden Tag, aber kleiner Tipp meinerseits: Sich immer mal wieder sagen, was man für ne Granate ist, hilft ungemein.
Mittlerweile glaub ich den Schwachsinn an 363 Tagen echt wirklich und find mich auch nackisch ziemlich okay.

*  Eine Messung der Körperzusammensetzung (Bioimpedanzanalyse) ist was mega Spannendes und gibt Aufschluss, wo welche Muskelpartien besser trainiert werden sollten, bzw. wo die Fettpölsterchen, sofern vorhanden, versteckt sind. Weitere Angaben: Körperzellmasse, Fettfreie fettfreie Masse (Zellanteil), Wasserbalance, BMI, Körperwasser allgemein, Phasenwinkel).
Meine Analyse habe ich in der Schulthess Klinik in Zürich machen lassen, dauert fünf Minuten, tut nicht weh und kostet n Appel und n Ei.