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Fasten

96 Stunden nur Wasser und Tee

Eine Sache gewinnt man ja immer- Erfahrung.

Seit Jahren reizt mich das Thema „Fasten“. Ich hab’s nie gemacht, weil es mit ner 20h Trainingswoche nur schwer vereinbar war. Aber jetzt war meine Zeit gekommen.

Folgende Indikationen bestanden für mich, das mal zu versuchen:
In erster Linie, das entgiften vom Körper. Den ganzen Dreck mal rauslassen. Aufräumen.
Macht für mich schon Sinn, was da im world wide web so steht: Das eben die bösen Zellen dann verrecken, weil ihnen das Frühstück fehlt. Fasten soll entzündungshemmend wirken und das Immunsystem stärken. Außerdem die Darmgesundheit fördern und den Alterungsprozess verlangsamen.
Klingt alles recht fein.

Es gibt ja etliche Methoden, wie man fasten kann.

Intervallfasten, Saftkuren und weiss der KuckKuck was.
Bei der einen Methode ist schwarzer Kaffee erlaubt, bei der anderen Quark und Eiweiße, wenn man Sport macht.
Ich war schon immer so n ganz oder gar nicht Typ- also Nulldiät. Nur Wasser, Tee und klare Brühe.

Es gibt natürlich Regeln beim Fasten, die sicher auch Sinn ergeben- bin böses Mädchen, mach meine eigenen Regeln.
An den Tagen davor empfiehlt sich leichte Kost.
Am letzten Abend gabs veganes Steak, Spätzle, Bohnen. Zum Nachtisch ne Tüte Chips, Gummibärchen und ne halbe Tafel Schokolade.

Und dann startete mein Timer- 96 Stunden.

Im Vorfeld hab ich mich in der Apotheke mit diversen Kräutertees und Glaubersalz eingedeckt. Ja genau, das olle Salz braucht es eben zum Abführen. Gevatter Darm sollte ja anständig leer gespült werden. Organisatorisch in meinem Fall schon ne große Challenge. Mittags hatten wir n sehr wichtigen Termin, bei dem ich also nicht zwischendurch auf den Thron rennen wollte. Und am Abend stand der Nachtdienst an.

Laut Apothekenmausi setzt die Wirkung nach 2-10h ein (3 EL auf 500ml lauwarmes Wasser- kulinarisch schonmal n absolutes Highlight).
Gut, also direkt nach dem Mittagstermin die Plörre runtergewürgt. So viel sei verraten- mein Körper hat sich die 10h Zeit genommen und pünktlich 5min vor Abfahrt zur Nightshift mit Mission Großputz Darm begonnen.

Zu dem Zeitpunkt war ich also schon 24h ohne feste Nahrung. Hatte 6.3l Tee und Wasser intus.

Ah, mein Ausgangsgewicht lag übrigens bei 60.8kg.

Bis dahin waren schon einige Herausforderungen zu meistern. Die Zeit- die innere Uhr ist doch schon echt verlässlich und zu den üblichen Essenzeiten ist es komisch, wenn du plötzlich den Part einfach auslässt. Der Bauch hat anständig geknurrt, wirklich Bäuchiweh zwischendurch gehabt. Aber die Momente hielten meist nur so 5 min an und dann ist das auch wieder vergangen. Die Lust nach Kaffee war glaub die ganze Zeit über das Schlimmste- trink echt viel zu viel davon- Asche auf mein Haupt.
Nach ca. 18h fingen die Kopfschmerzen an. Poah, mein Beileid an alle Migräne Patienten. Ik hab wirklich selten mit Köppibumm Probleme, aber das macht dich ja echt fertig. Und nein, Medikamente kommen für mich sowieso immer nur in absoluten Katastrophenfällen zum Einsatz und dazu zählt nicht ein selbstgemachtes Problem wie fasten.

Schwindel hielt sich in Grenzen, soll wohl bei einigen auch n recht häufiges Problem sein. Müdigkeit- oh ja, das kann ich bestätigen. Ich liebe Nachtdienste und ich habe wirklich so gut wie nie Mühe, mich da wach zu halten. Das Duracell Häschen ist eigentlich immer fit. Aber leckomio, ik hing mächtig in den Seilen, das muss ich zugeben. Und das hat mich auch echt richtig doll genervt. Der Blutzucker war übrigens trotz Nahrungsverzicht mit 5.3 im Normbereich.

Einige schlaue Follower haben mir geraten, dass doch zu machen, wenn ik frei habe. Ich mag euren Humor…ik schaff 100%, kannst du mir bitte auf meinem Dienstplan mal die vier freien Tage am Stück zeigen?

Launisch war ich überraschenderweise echt nicht. Glaub da bin ich schlimmer, wenn der rote Indianer da ist.
Trainingstechnisch hätte ich mir das schlimmer vorgestellt. Ich war trotzdem auf der Rolle, hab mein Krafttraining und mein Yoga gemacht. Absolut keinen Unterschied zu sonst gespürt.

Was mir richtig gefehlt hat:

Mein AG1 am Morgen.
Mein Proteinshake nach dem Sport.
Kaffee, Kaffee, Kaffee.

Es ist lustig, was für Gelüste mal so verspürt, wenn man verzichtet. Ich hätte mit dem Verlangen nach Schoki oder so gerechnet, aber tatsächlich bin ich wohl eher Typ herzhaft. Pizza, Salat, meine geliebte Lachs Bowl, Nudeln. Die Sachen sind in meinen Gedanken am meisten vor meinem Gesicht getanzt.

Einige Dinge sind mir wieder bewusst geworden:
Wie privilegiert ich bin, dass ich nie hungern MUSS. Das ich immer ALLES zu essen zum Greifen habe, ohne es erst jagen zu müssen- welch Glück.
Das ich dankbar sein kann, dass ich nie Kalorien zählen musste und nie aus Figur technischen (oder gesundheitlichen) Gründen auf Lebensmittel verzichten musste. Dank dem Sport (und- weil ihr es hören wollt- der guten Gene) kann ich wirklich Massen in mich reinstopfen und mein Gewicht und meine Optik ändert sich nie wesentlich.
Deswegen hassen mich Frauen ja auch :-P

Während ich das hier schreibe, überlege ich im Hinterkopf, ob ich meinen Salat mit Mozzarella oder doch lieber mit Feta mache.

Ich habe jetzt 47 Stunden nichts gegessen. Unglaublich, wenn ich drüber nachdenke, was ich normalerweise an Lebensmitteln in dieser Zeit verzehrt hätte.

Ob ich meinem Körper jetzt damit was Gutes getan habe oder nicht, das steht in den Sternen. Es war spannend, mich selbst zu beobachten. Sowohl meine Gedanken als auch die körperlichen Beschwerden. Ein wirklich positives Gefühl ist jetzt nicht aufgetreten. Vielleicht würde das noch kommen, wenn ich weitermache, wer weiss das schon.

Es reicht. Es war eine spannende Erfahrung. Ich habe die selbstauferlegte Challenge nicht gemeistert.
Man könnte auch sagen, ich bin gescheitert. Aber schlussendlich mache ich all solche lustigen Experimente in erster Linie (und eigentlich auch in zweiter und dritter) für mich selbst.

Ob ich jetzt abbreche, weil ich den Hunger nicht mehr aushalte? Nein! Ich hab einfach keinen Bock mehr, zu verzichten. Weil ich nicht muss. Weil ich jetzt n Salat Essen will und weil das Verlangen danach grösser ist, als die Motivation, mir irgendwas zu beweisen.

Ich war nie gut im Verzichten, deswegen war diese ganze Challenge von Anfang an ein extrem harter Test für mich selbst. Wenn du mir sagst „Mach jeden Tag das und das“ okay, krieg ich hin. Aber wenn du mir sagst, denk nicht an den rosa Elefanten, weil den darfst du gerade nicht haben- verdammt, ich hol das Luftgewehr und schieße das Vieh vom Himmel- WEIL ICH WILL DAS JETZT!

Ich beende diese Herausforderung mit nem definitiv blitze blank geputztem Darm.

Mit 800g weniger auf den Hüften. Mit einem absolut gestillten Bedürfnis nach Kräutertees.
Mit einmal mehr der Faszination für meinen Körper, was er im Stande ist zu leisten. Und mit einer komplett neuen Definition von Hunger.

Und mit einem Fünkchen Stolz, das ich mittlerweile auch in der Lage bin, aufzugeben. Das wäre vor nem Jahr noch undenkbar gewesen. Klingt jetzt vielleicht komisch für den ein oder anderen, aber für mich persönlich ist das eben ein Fortschritt und bringt mich weiter, als immer alles ums verrecken durchzustieren, koste es, was es wolle.